Das Freiengericht von Bookhorn

1. Einleitung

Das Freiengericht von Bookhorn bei Ganderkesee war eine bedeutende Institution in der mittelalterlichen Rechtsprechung und Verwaltung der Region. Diese Gerichtsbarkeit spielte eine zentrale Rolle in der Selbstverwaltung und der Durchsetzung von Recht und Ordnung in der Region.

2. Thema

Das Freiengericht von Bookhorn bei Ganderkesee

3. Zeitliche Einordnung

Mittelalter bis frühe Neuzeit

4. Beitrag selbst

Obgleich Karl der Große um 800 die alte sächsische Verfassung mit ihren Volksversammlungen aufgehoben hatte, blieben die sogenannten „vri-dings“, die Freiengerichte mit freien Bauern als Schöffen, bestehen. Diese Gerichte standen unter königlichen Beamten, den Gaugrafen, die später von den Landesgrafen abgelöst wurden.

Die Grafen von Oldenburg verlegten das Freiengericht, das ursprünglich an der alten germanischen Dingstätte in Dingstede und später in Thienfelde tagte, in die Nähe der Ganderkeseer Kirche. Als die Kirche im 11. Jahrhundert in den Mittelpunkt des ehemaligen Largaues gerückt war, bestimmten die Grafen ihren gräflichen Hof in Bookhorn als neuen Tagungsort des Freiengerichts. Es ist urkundlich nicht überliefert, welcher heutige Bauernhof es gewesen ist. Durch Erbteilungen im 12. und 13. Jahrhundert kam die Gerichtshoheit über das Bookhorner Freiengericht an die Grafen von Bruchhausen.

Lehnsregister der Grafen von Bruchhausen: In den Lehnsregistern der Grafen von Bruchhausen, die um 1270 aufgestellt wurden, heißt es in hochdeutscher Übersetzung: „In dem Hof, Bochhorn, haben die Grafen Hinrich und Ludolf das Recht, dass ihr Vogt dreimal im Jahre das ‚vrigeding‘ mit drei Pferden abhält.“ Auf dem ersten Pferd ritt der Vogt, auf dem zweiten sein Schreiber und auf dem dritten der Reitknecht. An anderer Stelle des Registers heißt es weiter: „Der Amtmann der Grafen Hinrich und Ludolf hält auf dem Hof in Bookhorn dreimal im Jahre das Freiengericht mit zwei Windhunden.“ Die Windhunde waren das Zeichen der gräflichen Jagdhoheit. Der Meier, der Verwalter des gräflichen Hofes, musste den Vogt und sein Gefolge beköstigen. Dafür erhielt er jährlich ein Schaf im Werte von 8 Bremer Pfennigen von jedem Freien.

Aufgaben und Bedeutung des Gerichts: Auf dem Gericht wurden nicht nur Straffälle behandelt, sondern auch verschiedene Verträge, wie Grundverkäufe und Schuldverschreibungen, vom Schreiber des Vogtes aufgesetzt. Ein freier Bauer musste für einen Ehevertrag für seine Tochter eine Gebühr von 3 Bremer Schillingen zahlen, was dem Wert von 31½ Schafen entsprach. Diese Gebühren und Geldstrafen bildeten eine wichtige Einnahmequelle für die Grafen. Graf Ludolf verpfändete seinen Anteil an den Einnahmen teilweise an seinen Vetter, den Grafen Heinrich von Oldenburg-Wildeshausen, und teilweise an seinen Sohn Hillebold, der auch den Marktzoll in Ganderkesee innehatte.

Die 19 Kirchspiele des Freiengerichts Bookhorn: In den Lehnsregistern der Grafen von Oldenburg-Bruchhausen wird ausdrücklich berichtet, dass das Freiengericht in Bookhorn für 19 Kirchspiele zuständig war. Diese Kirchspiele entwickelten sich über vier Jahrhunderte nach der Erbauung der ersten Kirche im Largau in Ganderkesee um 850 n. Chr. Zu diesen Kirchspielen gehörten zunächst Harpstedt und Hasbergen, später folgten weitere Tochterkirchen in den sumpfigen Flußgebieten an Hunte, Ochtum und Weser. Bedeutende Kirchen im Stedinger Land waren die Kirche zu Berne, Harpstedt und Hasbergen. Auf der hohen Geest wurden um 1200 weitere Kirchen in Hatten und Dötlingen gegründet.

Veränderungen im Kirchspielnetz: Einige Kirchspiele, wie Delmenhorst, Hude und Neuenhuntorf, bestanden zur Zeit der Lehnsregister noch nicht. Delmenhorst entstand im Schutze der neuen Burg nach der Schlacht bei Altenesch, und seine Kirche wurde erst 1328 ausgepfarrt. Neuenhuntorf gehörte bis 1419 zu Berne, und das Kirchspiel Hude entstand erst 1547 nach der Zerstörung des Klosters Hude. Weitere Kirchspiele, wie Lemwerder und Ochtum, wurden später dem Kirchspiel Altenesch zugeordnet, und das Dorf Ströplingen oder Strabelinghusen verschwand durch die Verlagerung des Weserflussbetts. Die Kirche von Heiligenrode, ursprünglich nur Klosterkirche, wurde die Nachfolgerin der ehemaligen Dorfkirche des Kirchspiels Mackenstedt.

5. Quellenangaben

6. Wertung der Glaubwürdigkeit

Die verwendeten Quellen, insbesondere die detaillierten Beschreibungen von Hans Grundmann in seinem Buch „Geschichten aus der Geschichte Ganderkesee“, bieten eine fundierte Grundlage für die Darstellung der Rolle des Freiengerichts von Bookhorn. Historische Dokumente und wissenschaftliche Artikel liefern verlässliche und detaillierte Einblicke in die Funktionen und die Bedeutung dieser Gerichtsbarkeit.

7. Wissenschaftliche Anmerkungen

  • Lokale Autonomie: Das Freiengericht von Bookhorn ist ein Beispiel für die lokale Autonomie und die Fähigkeit der Gemeinschaften, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln.
  • Rechtliche Praxis: Die Verfahren und Urteile des Gerichts bieten wertvolle Einblicke in die rechtliche Praxis und die sozialen Normen der Zeit.
  • Regionale Bedeutung: Solche Gerichtsbarkeiten spielten eine wichtige Rolle in der regionalen Verwaltung und trugen zur Stabilität und Gerechtigkeit in den lokalen Gemeinschaften bei.

8. Fazit

Das Freiengericht von Bookhorn bei Ganderkesee war eine bedeutende Institution, die die lokale Rechtsprechung und Verwaltung in der Region prägte. Es bot den Bewohnern eine Plattform zur Selbstverwaltung und trug zur Stabilität und Gerechtigkeit in der Gemeinde bei. Die Dokumentation und Erforschung dieser Gerichtsbarkeit liefern wertvolle Einblicke in die mittelalterliche und frühneuzeitliche Rechtsgeschichte Norddeutschlands.


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